Die Eiche

Sagenhaftes Naturdenkmal! Jahrhundertelang war die alte knorrige Eiche das Wahrzeichen von Israelsdorf. Weithin sichtbar - mit hoher und weit ausladender Krone - stand sie mit ihrem dicken Stamm vor einer alten Reetdachkate, eine Landmarke an der Weggabelung von der Dorfstraße und dem Weg ins Fischerdorf Gothmund.

„Heil, hehre Eiche! Hoch ragst Du empor, so alt – ja älter noch als Lübecks Türme ...“* So der Beginn eines Gedichtes von etwa 1900 zur im Volksmund „Tausendjährige“ genannten Eiche.

In Wirklichkeit hatte aber bereits der Verfall der Eiche eingesetzt. Israelsdorfs Wahrzeichen war morsch geworden, hatte große Äste verloren und starb nach und nach ab. Als sie 1932 gefällt wurde, betrug ihr Umfang 6,50 m. Ihr Alter wurde auf rund 700 Jahre geschätzt.

*Gedicht Prof. Dr. Grube in „Von Lübeck bis an den Ostseestrand…“

„Wenn die alte Eiche erzählt...“

Man sagt, die uralte Eiche könne viele Geschichten von früher erzählen. Sie wüsste alles - wenn man leise ist und es versteht, ihr zuzuhören...:

„Zu meiner Anfangszeit als Keimling im Mittelalter, sah es hier ganz anders aus im Dorf. Das könnt ihr euch vielleicht gar nicht vorstellen. Es war alles so friedlich im Dorf. Bis eines Tages, Ende des 19. Jahrhunderts, die Ausflügler in Scharen ins Dorf kamen, an den freien Sonntagen, und sich bei uns lautstark vergnügten. So viele, dass ich sie gar nicht mehr zählen konnte auf meiner Anhöhe.

Aus dem nahen Lübeck kamen sie zumeist, von einer “Sommerfrische“ sprachen sie - und dass alles so schön grün sei, hier bei uns draußen vor der Stadt! Zu diesen alten Zeiten kamen auch viele Maler hierher. In den Wirtschaften saßen sie und draußen unter den alten Obstbäumen. Und bei knapper Kasse bezahlten sie mit ihren schönen bunten Bildern. Habe ich die alte Wirtin Luer selbst erzählen hören.

Warum die Maler aber am liebsten die schiefen, fast kaputten Katen neben mir malten, weiß ich nicht. Hier bei mir am Hirtenteich hat einer sogar Kühe gemalt! Der konnte sich nicht satt sehen an ihnen und hatte stets ein verschmitztes Lächeln dabei. Sein langer weißer Bart wehte so schön im Wind hin und her. Der kam wohl aus dem fernen Schwerin und war des öfteren gerne hier. Was aus ihm geworden ist...?“*

* Carl Malchin (1832-1923) hielt die Szenerie um den Hirtenteich in detaillierten Skizzen und Gemälden zwischen 1887 und 1902 fest

Text: Heiko Jäckstein / Marlis Zahn

  • Katen in Israelsdorf bei Lübeck

    Carl Malchin, ca. 1889-1899

    Oil on canvas, 24 x 37 cm

    © Staatliches Museum Schwerin

    Kurz vor Gothmund.

  • Israelsdorfer Eiche

    Paul Müller-Kaempff, 1918

    Pencil on paper, 29.5 x 45 cm

    © Kunsthalle Rostock, Z-1918-1 I. 15.7.18 1

    Montag, 15. Juli 1918, bei Lübeck: Paul Müller-Kaempff umrundet zeichnerisch die sagenhafte knorrige Eiche! Erst das Motiv von vorn skizziert, nun seitlich vom schmalen Sandweg, der direkt an die Trave zu den Fischern führt: Gothmund!

  • Israelsdorf (Gothmund 68)

    Heiko Jäckstein, 2016

    Oil on canvas, 50 x 40 cm

    © Atelier Jäckstein

    Hommage an einen alten Baum: Die legendäre Eiche vor der Räucherkate.

  • Israelsdorf

    Otto Ubbelohde, 1908

    Feder auf Papier

    © Privatbesitz

    Fotografie aus dem Buch: "Lübeck - ein Führer durch die Freie und Hansestadt und ihre nähere Umgebung" von 1908, Auflage 1930

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